Scholz (mit o) und Schulz (mit u)

Die erste Ampel-Regierungswoche geht zu Ende. Erfreulich: Die extreme Rechte ist im Bundestag isoliert. Die FDP rückt nach links. Nicht erfreulich: Die SPD überlässt die Klimapolitik der Wirtschaft und den Grünen. 

Die stärksten Worte galten dem politischen Gegner auf der äußersten Rechten: „Wir werden es uns nicht gefallen lassen, dass eine winzige Minderheit von enthemmten Extremisten versucht, unserer gesamten Gesellschaft ihren Willen aufzuzwängen. Unsere Demokratie ist eine wehrhafte Demokratie.“ So weit, so gut. An anderer Stelle seiner Regierungserklärung hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diese Entschlossenheit leider vermissen lassen.

Klimakatastrophe: SPD nur Mitläuferin

So bleibt die SPD auch in ihrer neuen Rolle als führende Regierungspartei eher eine Mitläuferin gegen die fortschreitende Klimakatastrophe.”Viele fahren gern mit dem Auto und das soll auch so bleiben.“ So Scholz am Mittwoch. Er erinnert damit an eine überwunden gehoffte Einstellung der SPD. 

Die sich einst etwa in einem Kanzlerkandidaten Schulz (mit u) manifestierte. Der erinnerte bei Fragen nach konkreten Schritten in der Klimapolitik gern an den immerwährenden Strukturwandel der Steinkohle an Rhein und Ruhr. Auch ein Ausstiegsdatum für den Verbrennungsmotor wollte er nicht nennen – was inzwischen die Automobilkonzerne übernommen haben. Und der bei einer Konferenz des SPD-Wirtschaftsforums dem dort ventilierten Stammtischargument, Deutschland allein könne eh nichts gegen den Klimawandel machen, nicht entgegentrat. 

Die SPD entwickelt auch unter Scholz (mit o) keine eigenen Konzepte für die Zukunft des Planeten. Das wird „der Wirtschaft“ überlassen, die ja die Zeichen der Zeit inzwischen erkannt zu haben scheint. Wie praktisch. Und natürlich den Grünen. Wozu hat man sie denn sonst?

Posse der Pöstchenverteilung 

Das Vertrauen in die Grünen kann jedoch schon mal ins Wanken geraten. Jedenfalls wenn der Blick auf die Posse der Pöstchenverteilung in Regierung und Parlament fällt. Statt sich den Zugriff auf den Innenausschuss, den nach dem Haushaltsausschuss wohl wichtigsten Ausschuss des Bundestages, zu sichern, entschied man sich für den Europaausschuss. 

Offensichtlich sollte so Ex-Fraktionschef Toni Hofreiter, der bei der Vergabe der Ministerien trotz überdurchschnittlicher Expertise für Umwelt, Verkehr und Landwirtschaft leer ausgegangen war, abgefunden werden. Mutmaßlicher Gedanke dahinter: Hofreiter könnte dereinst deutscher EU-Kommissar werden. Denn dessen Benennung, obwohl nicht sehr wahrscheinlich, hatten sich die Grünen während der Koalitionsverhandlungen gesichert. So weit muss man erst einmal denken.

Dass der Zugriff der AfD auf den sensiblen Innenausschuss (vorerst) fehlschlug, ist nicht unbedingt das Verdienst der Grünen. Vielmehr muss man einer Koalition aller Demokraten von der CSU bis zur Linken dankbar sein, dass sie den Begehrlichkeiten der extremen Rechten einen Riegel vorschob. 

„Porsche-Klaus“ und Schulz (mit u)

Überhaupt die Ausschüsse: Die Partei Die Linke durfte nach ihrer Wahlschlappe nur noch einen Ausschussvorsitzenden benennen. Die dezimierte Fraktion entschied sich für den neu geschaffenen Klimaausschuss. Sicher keine schlechte Wahl. Warum die Fraktionsspitze um Dietmar Bartsch und Mohamed Ali aber ausgerechnet Klaus Ernst – „Porsche-Klaus“ – nominierte, wird wohl auf immer ihr Geheimnis bleiben. Ernst hatte seine Genossen (und Genossinnen) stets vor einem Ende des Verbrennungsmotors gewarnt: „Wir dürfen nicht grüner als die Grünen werden.“ Siehe Schulz (mit u) und Scholz (mit o).

Dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) mit Hilfe eines alten Theo-Waigel-Tricks 60 Milliarden Euro aus den Corona-Fonds für das Klima umgeschichtet hat, konnte an dieser Stelle bereits in der vergangenen Woche berichtet werden. Ob der räumliche Linksruck der FDP im Parlament, immerhin auch mit einer Traditionslinie zur linksliberalen DDP der Weimarer Republik begründet, damit auch ein politischer werden könnte? Immerhin darf gehofft werden. 

Frank Behrens

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