Es ist Krieg in Europa. Brutaler und direkter, als wahrscheinlich wir alle es befürchtet haben. Russland führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Westen ist in der Zuschauer*innenrolle.
Zugleich wurden wir in den letzten Tagen Zeugen einer Selbstdemontage. So tauchten in den sozialen Medien Posts alter Freunde auf, die sich der „Friedensbewegung“ zurechnen. Was immer die in der heutigen Zeit vertreten mag, nach Jahren der unsäglichen „Montagsmahnwachen“. Die Posts beklagten das „Säbelrasseln“ des Westens, wiesen in Bezug auf im Baltikum stationierte NATO-Soldaten sarkastisch auf die „Friedenspolitik der NATO“ hin. Auf die Bemerkung, dass ich persönlich um jeden NATO-Soldaten froh sei, der zwischen Russland und mir stünde, war die Antwort – dummer Spott. Ob der „Iwan“ denn schon vor meiner Tür stünde.
Die Schlinge um die Ukraine
Ähnliches war aus Teilen der Partei Die Linke und einigen ihrer Gliederungen zu hören. Selbst von einzelnen Vertretern der SPD. Der Westen rassele mit dem Säbel, war da zu lesen, die wahre Ursache für den Konflikt sei der „Kapitalismus“, der gierig nach dem Absatzmarkt in der Ukraine greife. Dass der viel zu klein und arm ist, um die unterstellte Gier auszulösen – uninteressant. Dass Moskaus Staatsdoktrin längst in Rohstoffkapitalismus in seiner archaischsten, fossilen Form besteht – egal. Dass es Russland war, das die Schlinge um die Ukraine mit Hunderttausenden Soldaten im Norden, Osten und Süden legte – mediale Kriegstreiberei im Westen. Dass Putin seine Brutalität bereits mit der Annexion der Krim 2014 unter Beweis gestellt habe? Der Westen habe ja auch einseitig den Kosovo anerkannt. Lösungsvorschläge? Abrüstung auf allen Seiten.
Das Hufeisen um Putin ist Realität
Realitätsverlust pur. Man kann also festhalten, dass nicht unerhebliche Teile der deutschen Linken einem Aggressor aufgesessen sind. Einem Aggressor, der ihre alten Träume einer besseren und gerechteren Welt nicht teilt. Mehr noch: Sie sind einem Aggressor aufgesessen, der seit Jahren innenpolitische Konflikte in westlichen Staaten anheizt. Russland unterstützte mit Cyber-Attacken schon Trumps Wahlkampf 2016, ebenso die rechten Brexit-Befürworter im gleichen Jahr.
Er unterstützte höchstwahrscheinlich finanziell den französischen „Front National“ der Familie Le Pen ebenso wie die österreichische FPÖ. Und mindestens ideell stützt Russland auch die deutsche AfD. Die dankt mit einer prorussischen Haltung. Das Hufeisen ist mindestens in dieser Frage längst Realität.
Derweil rechtfertigt Putin seine Aggression mit Fake News über einen „Genozid“ an der russischen Bevölkerung in der Ukraine. Eine Technik, die bekannt ist von seinen traurigen Adepten, Freunden und Nutznießern im Westen. Der russische Angriff auf die Ukraine ist somit aber auch das Waterloo der putinfreundlichen Linken im Westen. Warnungen vor dem falschen Freund wurden seit vielen Jahren überhört.
Krieg in Europa
Zu einer Zeit, zu der die Welt noch rätselte, ob Wladimir Putin „nur“ nach den ohnehin schon von moskauhörigen Milizen beherrschten Teilen der selbsternannten „Volksrepubliken“ Donezk und Luhansk greifen werde oder doch nach den gesamten gleichnamigen ukrainischen Bezirken, passiert nun was? Russland greift die Ukraine von Norden, Osten und Süden in seiner Gänze an. Obwohl die russische Propaganda behauptet, sie greife primär militärische Ziele an, lässt Moskau auch Kyjiw und andere ukrainische Städte wie Lemberg (Lwiw) im Westen des Landes mit Raketen beschießen. Es gibt Meldungen, Russland marschiere mit Bodentruppen auf Kyjiw vor. Die Welt, der Westen, schauen hilflos zu. Es ist Krieg in Europa.
Frank Behrens
Screenshot: ZDF Mediathek
4 Antworten auf „Krieg und Frieden in Europa“