Es wird viel gesprochen in diesen Tagen über E-Mobilität, Lade- und digitale Infrastruktur, über ÖPNV und Klima. Doch schon die Details lassen oft verzweifeln. „Es gab nie so viel zu tun wie heute“, sagt der offensichtliche Sieger der noch laufenden Koalitionsverhandlungen. Stimmt.
November. Die gestrige Oktobersonne ist an diesem trüben Montagmorgen nur noch eine ferne Erinnerung. Es ist laut. Es stinkt. Laubpuster pusten das Laub zusammen. Mit Benzin. Der montägliche Berufsverkehr flutet die Potsdamer Innenstadt. Mit Benzin. Naja, und mit Diesel. Lärm und Gestank schwellen immer weiter an. Schon beginnt es zu nieseln. Und dann blockiert auch noch eine Endzwanzigerin mit ihrem VW Caddy den benachbarten E-Ladeplatz der Potsdamer Stadtwerke. Um schnell ihr Fahrrad auszupacken und zur nahen Fahrradwerkstatt zu bringen.
Fünf Meter weiter
Wir kämpfen unterdessen auf unserem E-Ladeplatz mit der Ladesäule der Potsdamer Stadtwerke. Mit unserer Ladekarte ist sie nicht zufrieden. Die Ladesäule. Wir sollen einen Code scannen. Mit dem Smartphone; meine Frau muss sich dazu erst beim passenden Anbieter einloggen. Der beschwert sich umgehend, dass sie doch bereits registriert sei. Nachdem sie das Problem nach einigem Hin und her klären kann – Einloggen ist doch nicht Registrieren – vermeldet die nun per Scan aufgerufene Webseite der Ladesäule, dass wir, bezogen auf den gescannten Code, an der falschen Ladesäule stünden. Die richtige befinde sich fünf Meter weiter. Dort ist aber keine. Auch nicht in zehn, zwanzig oder hundert Metern.
Inzwischen habe ich im Hauptdisplay der Ladesäule entdeckt, dass es derzeit leider zu Softwareproblemen in der Ladeinfrastruktur der Potsdamer Stadtwerke komme. Man bittet uns um Entschuldigung für etwaige Unannehmlichkeiten. Inzwischen fordert uns die Ladesäule auf, die andere Steckverbindung der Säule zu benutzen. Ich stecke also um – so, wie ich es gelernt habe: Zuerst die Verbindung am Auto lösen, dann erst die am Ladepunkt. Beim Neuverbinden wieder genau anders herum. Also zuerst die Dose der Ladesäule bestücken, dann das Auto.
„Sie blockieren einen Ladeplatz!”
Inzwischen ist die Endzwanzigerin mit dem Caddy verschwunden. Ohne Fahrrad. Das Umstecken bringt aber trotzdem nichts. Die Caddy-Fahrerin ist also unschuldig. So viel immerhin ist nun sicher. Jetzt fährt ein älterer VW Sharan vor, um den zweiten Ladeplatz zu blockieren. Es steigt ein Ehepaar mittleren Alters aus. „Sie blockieren einen Ladeplatz!“, schleudere ich der Frau entgegen. „Ja, das habe ich auch gerade gesehen“, entgegnet sie glaubhaft betrübt. „Da können sie abgeschleppt werden“, assistiert meine Frau, das schlechte Gefühl der Sharan-Fahrer*innen befeuernd. „Du gehst schon mal vor und ich suche einen anderen Parkplatz“, schaltet sich der Ehemann, also der Sharan-Fahrer, ein.
Wir wenden uns wieder unserem Problem, der Ladesäule auf E-Ladeplatz 1, zu. Es ändert sich nichts, die Säule weigert sich standhaft, uns Strom zu geben. Sie mag weder unsere Karte, noch unsere Smartphones, geschweige denn unser gelbes Ladekabel. Ich ziehe es. Zuerst aus dem Auto, dann aus der Säule. Gelernt ist gelernt. Wir wenden uns um. Das Sharan-Ehepaar ist weg. Der Sharan nicht. Der Hybrid-Passat jetzt aber schon.
Hotel-Infrastruktur: 14 Euro und kein Strom
Den hatten wir schon in der Nacht zuvor in der Hotel-Tiefgarage laden wollen. 14 Euro pro Nacht für den Standplatz würden wir so zwar nicht wieder rausbekommen. Aber dem Klima zuliebe wollten wir laden. Und waren scharf ausgebremst worden. Zwar sind Wallboxen in der Tiefgarage installiert und mit dem Stromnetz verbunden, doch die App des zwischengeschalteten Dienstleisters kann noch nicht aktiviert werden. Das hatte uns die Dame am Empfang nicht gesagt. Darüber informiert uns aber nun ein mit viel Liebe und grüner Tinte ausgedruckter Infozettel des Hotels. Laminiert und auf die Wallbox gestellt.
Der Strom wäre in den 14 Euro Hotelübernachtung für das Auto also nicht inkludiert. Da hält ein weiterer Dienstleister die Hand auf. Schafft es aber nicht, seine Dienste freizuschalten. Also kein Strom. Übrigens auch kein Mobilfunknetz in der Tiefgarage. Für den Fall, dass die App irgendwann funktionieren sollte. Soviel zur Infrastruktur in der Hotel-Unterwelt. Unsere 14 Euro haben wir uns von der Dame am Empfang zurückgeholt.
Zurück zum trüben Novembermorgen. Wir wollen es noch einmal wagen und entscheiden uns für die übernächste Ladesäule der Potsdamer Stadtwerke, da die nächste ungünstig, sprich jenseits des Gegenverkehrs, liegt. Am Rande der Fußgängerzone steht sie und dort wollten wir sowieso hin. Passt also. Ebenso passt der rote Schuttcontainer zum roten Tiefbau-Lkw. Beide blockieren nun gekonnt gemeinsam die grüne Ladesäule der Stadtwerke. Unerreichbar für jedes Ladekabel. Unser roter Hybrid-Passat fährt nun also auf einen ganz normalen Parkplatz. Ich werfe zwei Euro in den Parkautomaten. Der immerhin funktioniert. Bis 11:37 Uhr. Reicht für drei Schuhgeschäfte, Edeka und die Karstadt-Toilette.
Offlineshop
Wir haben den Plugin dann bei Jet vollgetankt. Super E5. Das funktioniert super mit der Karte, die uns keinen Strom geben wollte. Heute, am Freitag, wollte ich in die Stadt fahren. Mit der Bahn. Gestern bereits beim Hamburger Verkehrs-Verbund (HVV) geguckt, ob ich besser eine Tageskarte im Online-Shop vorab kaufe. Ist ja etwas günstiger, als vor Ort am Automaten. Ich musste lernen, dass der Online-Shop des HVV derzeit gewartet wird. Und daher in den kommenden Wochen nicht erreichbar sei. Wochen! Das stand da wirklich. Also bin ich heute zum Bahnhof. Habe die drei Automaten ausprobiert. Alle drei mochten meine Girokarte nicht. Bargeld habe ich seit geraumer Zeit eigentlich kaum noch. Soll man ja nicht. Also habe ich diese kleine Glosse geschrieben.
Amüsant die Sache auf den Punkt gebracht!
Danke – ich bemühe mich!
Herrlich! Das wahre Leben schreibt die besten Geschichten 🙂
Ja, das ist wohl so. Schön, dass Du vorbeischaust.
Ich habe es genossen und mich herzlichst amüsiert. Besser hätte man es nicht schreiben können.
Vielen Dank!